"Was will der Typ von dir?!?"

Was will ‚der Typ‘ von dir?!?

Wie aus dem angestellten Personal- und Finanzchef der selbstständige Coach und Menschenentwickler wurde

Winfried RabschFrühjahr 2009: als Verwaltungsleiter hatte ich meinen letzten Jahresabschluss wieder sauber hinbekommen. Die Finanzen dieser Einrichtung eines Wohlfahrtsverbandes in mittelständischer Größe stimmten und für das laufende Jahr hatte sich der Personalchef in mir vorgenommen, mich intensiver um die Mitarbeiterführung im Haus zu kümmern. Mit lag das sehr am Herzen. Ich sah so viele unentdeckte Potentiale bei den Mitarbeitern, wollte neue Wege der Führung umsetzen, Stress unter den Mitarbeitern und/oder mit den Vorgesetzten entschärfen, gerade weil es für mich klare Führungsmängel gab. Ich wollte mehr Miteinander statt Gegeneinander erreichen.
Ich war felsenfest davon überzeugt: wenn wir klarer und menschlicher führen würden, hätten wir bessere Ergebnisse und obendrein noch zufriedenere Mitarbeiter. Ich fühlte mich gewappnet, schließlich hatte ich mich über Jahre hinweg nebenher zum systemischen Coach weitergebildet. Und ich hatte gerade noch eine weitere Life- und Business-Coachausbildung absolviert. Mir war durchaus klar, dass die Führung des Hauses von meinen Plänen wenig begeistert war.
In meine Überlegungen platzte ein Schriftstück, übergeben vom Chef persönlich. Es war eine Rüge. Sie betraf meine offiziell genehmigte Nebenbeschäftigung als Coach. Man verlangte eine Änderung meiner Tätigkeitsbeschreibung als systemischer Coach auf meinem Social Media Profil. Dieser Wohlfahrtsverband wollte mit „solchen Gedanken“ nicht in Verbindung gebracht werden. 4 Wochen Zeit für die erbetene Korrektur und eine schriftlich Stellungnahme. Ich ahnte noch nicht, dass es die wichtigsten 4 Wochen für mein weiteres Leben werden sollten.
Zuerst war ich wütend. Ich fand, da gab es nichts zu beanstanden. Das passte einfach, was ich dort geschrieben hatte. „Was will ‚der Typ‘ von mir?!?“, fragte ich mich. Und über diese Art der „Führung per Druck“ und auf formalem Weg hatte ich mich ohnehin schon bei anderen Gelegenheiten geärgert. Ich war richtig sauer und erstmal wie gelähmt. Jetzt also war ich „dran“, dachte ich, und begann alsbald in meinen Gedanken aufzulisten, welche aus meiner Sicht falsch gelaufene Führungssituationen im Hause mir quer lagen und wie das künftig verbessert werden könnte.
 


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Ich brachte meine Gedanken zu Papier. Viele, wirklich viele Seiten. Aber es machte irgendwie keinen Sinn. Je mehr ich schrieb, umso mehr wurde mir klar, wie aussichtslos meine Funktion als Personalchef war, wirklich anderes Führungsverhalten in diesem Haus zu installieren. Ich hatte dafür nicht die richtige Position. Ich war frustriert. Und Fragen begannen in mir zu nagen: Wie sollte ich mit diesem Führungsstil des Hauses auch nur halbwegs zufrieden die noch vor mir liegenden 15 Jahre bis zur Rente durchstehen? Vielleicht noch mal was ganz anderes machen? Mit Anfang 50? War ich dafür nicht schon zu alt? Und: wäre ich nicht total verrückt, die Sicherheit meines unkündbaren Arbeitsvertrages einfach aufzugeben?
3 zermürbende Wochen verstrichen. Mir wurde immer klarer, wie wenig Substanz – juristisch betrachtet – überhaupt in dieser Rüge lag. Wie ,„sinnlos“ das Ganze doch irgendwie war. Erst allmählich keimte ein ganz anderer Gedanke in mir auf: was, wenn dieser Arger und Frust für mich „eigentlich“ noch eine ganz andere „Botschaft“ bereithalten würde? Gäbe es da vielleicht etwas, das „die anderen“ mir mit dieser immer sinnloser erscheinenden Situation „eigentlich“ klar machen wollten? Bloß was?
Irgendwann hatte ich den Ansatz für die erste Lösung: an dem, was ich über meine Coachingarbeit in meinem Social Media Profil geschrieben hatte, konnte ich schlicht nichts verändern. Jedenfalls nicht, ohne mich zu verbiegen. Ich entschied mich deshalb, aus diesem Profil alle Bezüge zu meinem damaligen Arbeitgeber zu entfernen. Das würde der Forderung ja ebenso genügen. Statt mich also selber zu verbiegen kappte ich also kurzerhand die lesbare Verbindung zwischen meinem Hobby und meinem Arbeitgeber. Erste Erleichterung. Und Stück für Stück wurde mir danach klar: wenn ich meine Leidenschaft fürs Coaching wirklich ernst nahm und das leben wollte, was mir so sehr am Herzen lag, dann hatte ich als Angestellter bei meinem Arbeitgeber nichts mehr verloren.
Welch ein Schock – und Lichtblick zugleich! Und ab dem Moment wurde völlig unwichtig, die vermeintliche Sicherheit eines quasi unkündbaren Arbeitsvertrags zu haben. Was nützte sie mir, wenn ich nicht mehr „brannte“ für das, was ich dort tat oder tun sollte? Und an die Rente zu denken, spielte für mich überhaupt keine Rolle mehr: warum sollte ich per Gesetz geregelt damit aufhören, was meiner größten Leidenschaft entsprach? Ich wollte Menschen entwickeln, ihnen neue Möglichkeiten der Führung für sich selbst und ihre Mitarbeiter vermitteln, jenseits von Führung nach Lehrbuch. Das ist zeitlos.
Ich hatte ebenso verstanden: wenn ich will, dass sich bei anderen etwas ändert, ist es zuerst an mir, mich selber zu verändern. Von diesem Moment an konnte ich meinen sicheren „Job bis zur Rente“ endgültig loslassen. Ich hatte Klarheiten über mich und meine Leidenschaft gewonnen, hatte erste Lösungen gefunden. Und ich spürte: es war an der Zeit, die passenden Wege dafür zu beschreiten. Das war die „Geburtsstunde“ für meine Selbstständigkeit als Coach und Mentor für Führungskräfte, die verstehen, das Veränderung zuerst bei jedem selbst beginnt.
Mein Leben haben viele spannende Erfahrungen geprägt. Mehr darüber findest du hier.
Kennst du ähnlich einschneidende Erfahrungen in deinem Leben, die der Startpunkt für eine neue Richtung waren? Welche Lösungen hast du dabei für dich gefunden? Welche Konsequenzen hast du daraus für dein Leben gezogen, die du gern hier in einem Kommentar mit mir teilen möchtest?


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4 comments to “"Was will der Typ von dir?!?"”
  1. Super geschrieben, Winfried! Ich hatte übrigens ein ähnliches Erlebnis: War schon seit Jahren total unzufrieden in meinem Job als Fremdsprachenassistentin und wusste im Grunde genommen, dass ich ein Burnout verschleppe. Aber da ich noch eine Privatinsolvenz aus einer früheren nebenberuflichen Selbständigkeit hatte, habe ich mich nicht getraut, zu kündigen. Irgendwann kam dann der Moment, da wurden mir die Zügel aus der Hand genommen: indem ich so krank wurde, dass ich unmöglich weiter arbeiten gehen konnte – über einen längeren Zeitraum. Die Kündigung kam dann relativ schnell und mir wurde dann klar, dass ich einfach nicht in solchen Büroalltagsstrukturen leben kann … von da an hat sich dann alles gaaaanz langsam entwickelt. Aber heute kann ich in meinem Traumberuf Coach arbeiten 🙂

    • Ja, ist schon merkwürdig, liebe Monika, welche „Umwege“ wir manchmal machen, bis wir uns endlich trauen das zu machen, was tief in unserem Herzen unser Traumberuf ist. Und oft genug sind es gerade die „Systeme“, von denen wir uns eine gewisse „Sicherheit“ versprechen, die uns in ihrer ganz besonderen Eigenart diese Sackgasse so richtig deutlich machen. Respekt, dass Du bei Deiner „Geschichte“ noch den Mut aufgebracht hast, noch einmal alles auf Anfang zu stellen! Und heute hochsensiblen Menschen ebenfalls wohltuende Lösungswege aufzeigst. Ich wünsche Dir ganz viele tolle Begegnungen bei Deinem Tun!

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