Führen durch Fragen?!

Führen durch Fragen sei die weisere Art zu führen – behaupten die Einen. Die Anderen stehen mehr aufs Sagen. „Wer fragt, der führt!“, zitieren sofort wieder die Einen, die Anderen machen lieber klare Ansagen. Ein permanentes Spannungsfeld unter Führungspersönlichkeiten. Auf welcher Seite finden sich wohl die meisten Führungskräfte heute? Wer hat hier eigentlich Recht? Und überhaupt: schließen sich beide Ansätze denn gegenseitig aus?

Der Ansage-Modus

Kaum jemand wird ernsthaft bezweifeln, dass dieser Modus noch immer mehrheitlich den Führungsstil in der Arbeitswelt prägt. In aller Regel kommen Führungskräfte aufgrund ihrer FACHLICHEN Eignung in Führungspositionen. Das kann mittels einer vorherigen universitären Ausbildung sein, die z.B. Mediziner, Juristen, Ingenieure oder Techniker aufgrund ihres FACH-Wissens zur Übernahme von Leitungs- und Führungsfunktionen befähigt. Und nicht einmal bei Lehramtskandidaten gehört die Vermittlung von Führungsqualifikationen zur regulären Ausbildung.

Ebensogut können Menschen auch über viele Berufsjahre hinweg ein exzellentes Fach- und Expertenwissen aufbauen, das sie für eine entsprechende Führungspositionen befähigt. Fachwissen – vor allem mit technischem Hintergrund – wird dabei allerdings überwiegend im „Ansage-Modus“ kommuniziert. Das Stellen von Fragen wird in diesem Kontext schnell als fehlende Kompetenz interpretiert.

Überhaupt unterliegt der Ansage-Modus seiner Qualität nach eher männlichen Eigenschaften wie rational, engagiert, fordernd, wettbewerbsorientiert, aggressiv, fokussiert oder aktiv u.v.m. Die meisten Führungskräfte wollen vor ihren Kollegen und Vorgesetzten kompetent, äußerlich, stark und engagiert wirken. Klare Ansagen passen dort genau ins Schema und sind in der Geschäftswelt oftmals sogar sozial erwünscht. Und nicht zuletzt: (An)Sagen schafft und fördert Abhängigkeit.

 


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Führen durch Fragen

Wer fragt, der führt! Fragen fördern demgegenüber die eigene Entwicklung von Mitarbeitern und führen zu tieferem Nachdenken bei ihnen. Wer Menschen stark machen will, fördert sie gezielt durch Fragen. Fragen als Führungsinstrument braucht zunächst allerdings deutlich mehr Zeit und Energie. Doch dieser Aufwand amortisiert sich dadurch, dass sich die Mitarbeiter weiterentwickeln, Verantwortung übernehmen und dadurch noch bessere Ergebnisse erzielen. Und Fragen holen aus den Mitarbeitern  gezielt das heraus, was an Potential in ihnen steckt und fördert aktiv ihre fachliche Entwicklung ebenso wie ihre menschliche.

Deshalb wird der Fragemodus eher mit „weiblichen“ Eigenschaften verbunden wie bewahrend, kooperativ, intuitiv, empfangend, innerlich, warm, ganzheitlich, passiv oder systemisch.

Mitarbeiter aktiv durch Fragen zu fördern stellt allerdings immer wieder (stille) Fragen und Anforderungen an die jeweilige Führungspersönlichkeit. Sich entwickelnde Mitarbeiter brauchen deshalb Führungspersönlichkeiten, die bereit sind, ständig auch sich selber weiter zu entwickeln. Fachlich ebenso wie menschlich. Nur dann entgehen sie der „Gefahr“, dass ihre Mitarbeiter sie in absehbarer Zeit „überholen“ werden, sei es in fachlicher oder auch menschlicher Hinsicht. Führungskräfte die ihre Mitarbeiter gezielt entwickeln, zeichnen sich deshalb in der Regel durch ein hohes Maß an Selbstführung (gezielte Persönlichkeitsentwicklung) aus.

Fragen, die fördern und weiterhelfen

Wer Menschen entwickeln will, erreicht das sehr effektiv durch sogenannte „offene“ Fragen, also durch Fragen, deren Antwort sich nicht in einem „ja“ oder „nein“ erschöpfen kann. Hier einige Beispiele, die eine entwickelnde Mitarbeiterführung fördern können:

  • Was ist Ihnen/Dir wichtig in der Zusammenarbeit mit Ihrem/Deinem Vorgesetzten?
  • Was ist Ihnen/Dir wichtig in der Zusammenarbeit mit Kollegen?
  • Was gefällt Ihnen/Dir an Ihrer/Deiner Arbeit?
  • Was steckt genau dahinter?
  • Wie gehen Sie/geht Du damit um?
  • Was muss jemand tun, um …?
  • Gab es mal eine Situation, wo Sie/Du …?
  • Was ist Ihnen/Dir wichtig in der Beziehung zu Person x?
  • Was genau gefällt Ihnen/Dir an Ihrem/Deinem …  (Arbeitsplatz, Lieblingsfilm, -buch, …)?
  • Wie hatten Sie/hattest Du die Aufgabe genau verstanden?
  • Woran lag es, dass Sie/Du die Aufgabe nicht erledigt haben/hast  /  erledigen konnten/konntest?
  • Was brauchen Sie/brauchst Du noch, um die Aufgabe zu erledigen?

 

online-Coaching Torhaus Kotelow - Führen durch FragenWer hat letztlich Recht?

Das ist letztlich wohl nicht die entscheidende Frage. Gute Führung wird sich künftig immer mehr dadurch auszeichnen, beide Modi bedienen zu können und sich als Führungspersönlichkeit jeweils situativ stimmig zwischen beiden Polen bewegen und sie anwenden zu können. Es wird immer Führungssituationen geben, bei denen klare Ansagen gefragt sind auch auch getroffen werden müssen. Gleichwohl werden diese Ansagen umso seltener werden, je mehr die Führungskraft ihren Mitarbeitern Gelegenheit gibt, sich weiter zu entwickeln und zunehmend selber Verantwortung für Abläufe und Entscheidungen zu übernehmen.

Fazit

Gute Mitarbeiterführung ist immer eine Frage guter Selbstführung der jeweiligen Führungskraft und Führungspersönlichkeit. Denn Eingangsvoraussetzung für Führungpositionen sind üblicherweise weiterhin überwiegend FACHLICHER Natur. Es wird höchste Zeit, dass Führungsverantwortliche ein wachsendes Bewusstsein dafür entwickelt, dass Führung immer von Menschen ausgeht – und sich immer auch an Menschen richtet. Und dass Führung weit mehr umfasst, als rein fachliche Expertise – und gerade deshalb beste Wertschätzung, Unterstützung und Entwicklung der Führungskräfte verdient. Die Mitarbeiter von „morgen“ werden sonst ihre Sachen packen und sich was anderes suchen. Das können sich Unternehmen in Zeiten wachsenden Fachkräftemangels künftig einfach nicht mehr leisten.

Mitarbeiter wollen nicht nur auf fachlicher Ebene sondern zunehmend auch als Menschen wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Sonst gehen sie. Umso schneller, je mehr die Generation „Z“ in den Arbeits“markt“ (irgendwie ja an sich schon ein herabwürdigender Begriff) eintritt. Sie lässt sich nicht mehr durch eventuelle spätere materielle Reichtümer antreiben, sondern eher durch das Streben nach Anerkennung und Wertschätzung. Außerdem prägt diese Menschen einen hoher Grad von Selbstbewusstsein und das Bestreben, Umwelt und Gesellschaft politisch zu verändern.

Bist du als Führungspersönlichkeit darauf schon vorbereitet?


Hast du selber schon Erfahrungen mit entwickelnder Führung? Was steht in deinem Unternehmen im Vordergrund: „Fragen“ oder „Sagen“ ? Wie geht es dir selber damit? Hast Du schon versucht etwas zu verändern? Welche Ergebnisse hast du dabei erzielt? Wir freuen uns sehr auf deine Erfahrungen in einem Kommentar.

 

2 comments to “Führen durch Fragen?!”
  1. Wer fragt, zeigt Interesse und natürlich hat dies rein gar nichts mit weiblichen oder männlichen Eigenschaften zu tun.
    Ich persönlich kenne genauso viele Frauen, die desinteressiert sind wie Männer, die Interesse zeigen. So oder so, interessiert sein ist eine Stärke, die nur wenig Menschen besitzen.

    • Vielen Dank für deinen Kommentar! Wir stimmen vermutlich völlig darin überein, dass männliche oder weibliche Eigenschaften nichts mit einer geschlechtsspezifischen Zuordnung allein auf Männer oder Frauen zu tun hat. Sowohl Männer als auch Frauen vereinen doch jeweils BEIDE Seiten oder Anteile in sich. Die Frage dürfte eher sein, in welchem Maß welche Seite bei diesem Menschen besonders ausgeprägt ist – oder genauer: wie entwicklungsbedürftig die jeweils andere ist, um wirklich entwickelnd sich selber und andere zu führen …

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