Was sind natürliche Führungspersönlichkeiten?
Führungskräfte werden auch heute noch viel zu selten wirklich zeitgemäß auf ihre Führungsrolle vorbereitet. Entsprechend oft leiden sie selber und/oder ihre Mitarbeiter unter den Folgen vieler Führungsmängel.
Als Vorgesetzte führen sie einzelne oder mehrere Teams, vielleicht sogar ganze Abteilungen bis hin zu gesamten Unternehmen. Als Projektleiter verantworten sie neben dem Erreichen der Projektziele stets auch das führend gelingende Miteinander und Zusammenspiel der einzelnen Projektpartner. Auch selbstständige Unternehmer und Freiberufler unterliegen Führungsaufgaben, ganz besonders im Bereich der Selbstführung. Auch Lehrer gehören dazu, stehen sie doch als Führungskräfte in einer vermittelnden Position zwischen Schülern, eigenen Vorgesetzten und Lehrplänen, wobei pädagogisches Führen bei ihnen sogar maßgeblicher Teil ihrer eigenen Ausbildung ist.
Egal in welchem Bereich: die Erwartungen der zu führenden Menschen verändern sich im Laufe der Zeit ebenso stark, wie sich auch die Menschen selber verändern. Führungsstile hinken dabei oftmals deutlich hinterher. Immer mehr Menschen haben deshalb von althergebrachten Führungsstilen die Nase voll. Veraltete Führungsvorstellungen passen nicht mehr in die Zeit und nehmen viel zu wenig Rücksicht auf die wirklichen Bedürfnisse der Menschen, weder der Führungskräfte selber noch der ihrer Mitarbeiter.
Natürliche Führungspersönlichkeiten spüren das sehr genau. Sie suchen und leben dagegen wohltuende Alternativen. Sie haben gemerkt, dass oftmals Menschen in Führungspositionen sind, die sich sicher als gute Fachkräfte für weiterführende Aufgaben qualifiziert haben, jedoch mit ihrer Führungsrolle schnell überfordert wirken. Und von zeitgemäßer Führung, die überhaupt Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter wirklich ernst nimmt, haben sie oft herzlich wenig Ahnung.
Andererseits werden wirklich gute Führungskräfte „automatisch“ als solche wahrgenommen, selbst wenn sie keine einschlägige (Führungs-)Ausbildung erhielten. Was machen sie dabei anders oder was haben sie an sich, um dennoch im eigentlichen Sinne erfolgreich zu führen? Natürlich zu führen – sei es bewusst oder un- bzw. unterbewusst – könnte eine wichtige Antwort und hilfreiche Alternative sein. Einigen für uns wichtigen Merkmalen natürlicher Führung möchten wir deshalb hier unsere Aufmerksamkeit schenken.
Was machen sie eigentlich anders?
Natürliche Führungspersönlichkeiten sind Menschen, die in erster Linie ganz „normale“ Menschen sind. Sie besitzen und leben aus ihrer natürlichen Anlage heraus ein gewisses Potential für Führung ihrer Mitmenschen. Dieses Potentials sind sie sich allerdings oft selber gar nicht bewusst. Sie schöpfen dennoch ihr Führungspotential aus sich selbst heraus, begegnen anderen dabei mit einer natürlichen Herzlichkeit und erreichen gesetzte Ziele und Aufgaben mit einer erkennbar höheren inneren Zufriedenheit aller Beteiligten.
Derart geführte Menschen erkennen und respektieren solche Führungsnaturen aufgrund einer bestimmten Ausstrahlung fast wie von selbst als Führungspersönlichkeiten. Denn natürliche Führungspersönlichkeiten leben einfach ganz natürlich bestimmte Merkmale oder Ideale. Dazu gehören für uns:
Persönliche Reife
Unabhängig vom erreichten Lebensalter strahlen natürlich führende Menschen einen bestimmten Grad innerer Reife aus. Sie wahren dabei eine bestimmte Distanz zu sich selber, ihren Mitmenschen und ebenso zu Sachfragen und Herausforderungen. Dabei sind sie in der Lage, Lösungsansätze für Herausforderungen des beruflichen Alltags über die betrieblich vorgegebenen Handlungsoptionen oder Handlungsanweisungen hinaus aus einer Verbundenheit mit sich selbst zu generieren.
Obendrein verfügen sie oft sogar über eine humorvolle Seite, die sie durchaus immer wieder mal auch über sich selbst schmunzeln lässt. Menschen mit natürlichen Führungsqualitäten haben – wie es der Volksmund nahe legt – auch als Führungskraft „das Herz an der richtigen Stelle“.
In ihrer Führungstätigkeit zeichnen sich natürliche Führungspersönlichkeiten dadurch aus, ein starkes Bewusstsein dafür zu besitzen, in erster Linie selber Mensch zu sein. Zugleich betrachteten sie die Mitglieder ihres Teams oder ihre Mitarbeiter gleichfalls in erster Linie als Menschen. Dabei agieren natürliche Führungskräfte stets in dem Bewusstsein, dass alle Menschen bestimmte Grundbedürfnisse und Werte haben, deren Beachtung und/oder Erfüllung auch im beruflichen Umfeld nicht nur bedeutsam sondern weitestgehend unerlässlich ist.
Bedürfnisse und Werte
Wertschätzung für die individuellen Bedürfnisse jeder ihrer Mitarbeiter täglich zu leben ist für natürliche Führungspersönlichkeiten selbstverständlich. Dazu gehört auch die konstruktiv-fördernde Kritik (im eigentlichen Sinne dieses Wortes!) an den individuellen Fähigkeiten, Leistungen und Arbeitsergebnissen jedes einzelnen Mitglieds ihres Teams.
Natürliche Führungspersönlichkeiten kennen nicht nur die Werte ihrer Firma, sondern sehr genau auch ihre persönlichen Bedürfnisse und Werte und darüber hinaus auch möglichst genau die ihrer Mitarbeiter. Und sie wissen sie lösungsorientiert anzusprechen oder einzusetzen.
Wer natürlich führt, bekennt sich bewusst oder vielleicht sogar unbewusst – und damit aus seinem natürlichen Empfinden heraus – zu einem umfassenderen Wertesystem, als es in den meisten Firmen tatsächlich zu spüren ist. Selbst wenn schon viele Firmen den Begriff „Menschlichkeit“ in ihren Firmen- und Führungswerten aufführen, bleibt es oft genug bei diesem inhaltlich wenig gefüllten und deshalb im beruflichen Alltag auch zu wenig wirklich gelebten Begriff.
Wer natürlich führt, wird meist von seinen Mitarbeitern als Führungspersönlichkeit geschätzt. Sie spüren, dass es natürlich Führenden wirklich darum geht, die freie Persönlichkeit eines Menschen im Ganzen anzuerkennen, gezielt zu fördern und auch im Arbeitsumfeld wirksam werden zu lassen.
Führung anderer bedeutet in diesem Kontext immer zuerst auch die Fähigkeit zur Selbstführung der natürlichen Führungskraft. Das bedeutet, sie kennt ihre eigenen Bedürfnisse und Werte und weiß sehr gut, wie sie selber dafür sorgt, dass sie zufriedengestellt und aktiv umgesetzt werden. Gleichzeitig ermuntert und befähigt sie ihre Mitarbeiter zu deren eigener Selbstführung und leitet sie entsprechend an – im Einklang mit deren jeweils eigenen Bedürfnissen und Werten.
Natürliche Führungspersönlichkeiten respektieren stark das Bedürfnis nach Sinn und Sinnhaftigkeit eines Tuns. Sie handeln deshalb weniger aus einem „damit“- als eher aus einem „warum“-Antrieb.
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Grenzen
Natürliche Führungspersönlichkeiten verfügen über ein aufmerksames Bewusstsein sowohl ihrer eigenen Grenzen wie auch die ihrer Mitarbeiter, Teammitglieder oder Teilnehmer am Unterricht. Sie verstehen, diese individuellen Grenzen zu respektieren. Zugleich ermutigen sie in einer persönlichen Nahbarkeit sich selbst und andere dazu, diese Grenzen oder Begrenzungen einfühlsam immer wieder auszudehnen. Dadurch gelingt es ihnen selbst und zunehmend auch ihren Mitarbeitern, sowohl als Mensch als auch innerhalb des Teams, des Unternehmens oder der Klasse persönlich zu wachsen.
Natürliche Führungspersönlichkeiten finden stets Antworten auf die Fragen, wie der einzelne Mensch sich wirklich ernst genommen fühlt oder wie der Einzelne durch die Führungskraft und von den anderen in seiner persönlichen Entwicklung auch am Arbeitsplatz, innerhalb des Projekts oder im Unterricht gefördert wird.
Wachstum
In ihren Führungspositionen werden natürliche Führungspersönlichkeiten fast wie von selbst geschätzt. Sie leben Wertschätzung, pflegen ein aufmerksam-achtsames Miteinander mit ihren Mitarbeitern, Projektpartnern oder Schülern und ermutigen sie, auch ihre eigenen Werte und Bedürfnisse zu kennen und zu leben. Sie erschaffen z.B. ihren Mitarbeitern bei der Aufgabenerledigung möglichst viele Gelegenheiten, ihre eigenen Leistungsgrenzen zu erkennen und zugleich Neugier auf darüber hinaus gehendes persönliches Wachstum zu wecken. Natürlich geführte Menschen sind deshalb häufig deutlich leistungsbereiter und leistungsfähiger.
Sie unterstützen deshalb ihre Mitarbeiter ebenso wie (Projekt-)Partner oder Teilnehmer an ihrem Unterricht dabei sowohl fachlich wie menschlich. Sie verstehen es neben dem Erreichen erwarteter Unternehmens-, Projekt oder Lernziele auch jeweils einen höchstmöglichen Grad von persönlicher Zufriedenheit und Erfüllung zu erreichen, sowohl der eigenen als auch der ihrer Mitarbeiter, Partner oder Schüler.
Hierarchie und Strukturen
Dabei begegnen natürliche Führungskräfte auch möglichen Konfliktzonen im Umgang mit eigenen Vorgesetzten, deren althergebrachter Führungsstil eher planerischen, strategischen oder ökonomischen Vorgaben Rechnung trägt. Sie begegnen dann rasch Vorurteilen ihrer eigenen Vorgesetzten, wenn in deren Führungsverständnis der einzelne Mensch und die jeweilige Persönlichkeit der Mitarbeiter zu wenig oder gar nicht berücksichtigt wird. Natürliche Führungspersönlichkeiten erleben dann selber mitunter Neid, Missgunst oder Herabsetzung durch die eignen Vorgesetzten.
Unterwanderung ihres eigenen Führungsstils oder gar ihrer eigenen Person gehören dann ebenso zu den unangenehmen Erfahrungen von natürlicher Führung wie unterschwellige oder ganz offen vorgetragene „Verdächtigungen“ – bis hin zu konkreten Benachteiligungen, z.B. bei Notengebung, Beurteilungen oder Beförderungen.
Natürliche Führungskräfte bejahen gleichwohl hierarchische Strukturen, vor allem dann, wenn sie selber Führungskräfte erleben, die ebenfalls zuerst sich selber zu führen verstehen. Und denen echtes Wachstum ihrer Mitarbeiter im Einklang mit den jeweiligen eigenen Bedürfnissen und Werten am Herzen liegt, das sie als Führungskraft ebenfalls gezielt und kompetent fördern. Andere zu führen bedeutet für sie deshalb, sowohl zuerst sich selber zu führen als auch sich gezielt natürlich führen zu lassen.
Selbstbestimmung

Ricardo Semler
Auch wenn natürliche Führung von Vorgesetzten zunehmend thematisiert wird, steht die Verbreitung eines natürlichen Führungsstils eher noch am Anfang eines Booms. Gleichwohl sprechen unternehmerische Erfolgsgeschichten für sich, wie die des in einem früheren Blogartikel erwähnten Firmenimperiums von Ricardo Semler, der schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert beweist, dass die althergebrachten Führungsstile nicht nur überflüssig, sondern natürliche Führungsstile extrem erfolgreich sind.
Inzwischen verstehen auch schon einige deutsche Unternehmen, dass die Zeit „reif“ ist für den Wandel. Bemerkenswert und beispielhaft erwähnen wir hier den Drogeriekonzern dm, dessen Gründer Götz W. Werner seine Unternehmen mit flachen Hierarchien und dialogischem Führungsprinzip geprägt hat. Zugleich räumt er ausdrücklich dem Arbeitsklima einen höheren Stellenwert als dem Profit ein. Dabei geht es auch ganz bewusst um eine bestimmte Art des Umgangs miteinander, der die Selbstbestimmung des Einzelnen nicht nur anerkennt, sondern auch gezielt fördert.
Selbstführung
Innerhalb der Führungsstruktur eines Betriebes oder Unternehmens – insbesondere bei wenig flachen Hierarchien – begegnen Natürliche Führungspersönlichkeiten noch immer den still oder sogar offen vertretenen Vorurteilen von Unentschlossenheit, Führungsschwäche oder Willkür – allen erwiesenermaßen erfolgreichen Gegenbeispielen zum Trotz. Natürlich zu führen ist also – bewusst oder un- bzw. unterbewusst – eine persönliche Entscheidung einer Führungskraft zu einer bestimmten Führungshaltung.
Dabei kennt und lebt sie das Thema „Werte“ als Richtschnur oder Maßstab für das eigene Handeln in einem umfassenderen Kontext als noch weithin üblich. Sie geht davon aus, dass Wertschätzung und geförderte Selbstbestimmung der Mitarbeiter weder einer zielgerechten Aufgabenerledigung noch einem wachsendem Unternehmenserfolg im Wege steht.
Ebenso geht eine natürliche Führungskraft davon aus, dass die gute Führung ihrer Mitarbeiter umso mehr gelingt, je ausgeprägter sie sich selbst zu führen versteht. Das Konzept von Natürlich Führen als Selbstführung ist in seinem Kern also Persönlichkeitsentwickung pur – nicht nur für natürliche Führungskräfte selbst.
Fazit:
Natürliche Führungskräfte sind ganz „normale“ Menschen, die sich im Umgang mit anderen durch bestimmte Führungsmerkmale auszeichnen. Interessanterweise begegnen sie nicht nur in ihrem beruflichen Umfeld sondern auch im privaten Bereich immer wieder bestimmten Führungs-Mythen.
Als Mythos gilt gemeinhin, was Menschen für wahr halten oder für richtig empfinden. Sie sind im Kern so etwas wie „Glaubenssätze“ über natürliche Führung. Sie sind jedoch veränderbar.
Vielleicht kennst oder unterliegst du selber solchen Mythen über natürliches Führen? Mit einigen davon räumen wir in unserem eBook „5 beliebte Mythen über Natürliches Führen – was ist wirklich dran?“ auf. Kostenfrei für die Leser/innen unserer Inspirationen. Wir schicken Dir gern den Link zum Download. Sende uns einfach
Welche Erfahrung hast du schon selber Erfahrungen mit natürlicher Führung gemacht? Gab es Zustimmung oder Konflikte, sei es mit deinen eigenen Mitarbeitern, anderen Führungskollegen oder deinem eigenen Vorgesetzten? Teile sie bitte mit uns. Wir freuen uns sehr über deinen Kommentar.
Bildnachweis: www.pixabay.com
…wow, was für ein toller Artikel! Über natürliche Führungspersönlichkeiten finde ich bisher kaum etwas in Suchmaschinen – in meinen Augen seid ihr Pioniere mit dem Thema. Weiter so! Für mich seid ihr ganz klar Beispiele für natürliche Führungspersönlichkeiten und genau am richtigen Platz mit eurem Coaching-Angebot. Aus dem Text spricht so viel Erfahrung, die ich aus den vielen Gesprächen nur bestätigen kann. Ich lese eure Texte wirklich gerne und tausche mich gerne mit euch aus, denn dadurch kann ich wunderbar wachsen 🙂 Und deshalb bin ich hier! Danke für das Teilen und Aufbereiten eures Wissens- und Erfahrungsschatzes!
Vielen Dank für alle deine „Blumen“, liebe Mandy! … mit dem Suchmaschinen-Hinweis liegst du richtig. Ist – zurückhaltend formuliert – verwunderlich, dass es noch immer so ist. Vielleicht ändert sich das öffentliche Bewusstsein fürs Thema ja nach der diesjährigen Vergabe des Wirtschafts-Nobelpreises an Professor Thaler? Zitat bei der Preisverleihung: „Ich denke die wichtigste Anerkennung ist, dass wirtschaftlich Handelnde menschlich sind und Wirtschaftsmodelle müssen das berücksichtigen.“ Wir teilen gern unsere Erfahrung mit Führungskräften, die den Menschen in den Mittelpunkt auch von wirtschaftlichen Erfolgen stellen und selber an dieser Einstellung wachsen möchten.